SPD Tamm

Von der Lohnlücke zur Rentenlücke

Veröffentlicht am 22.05.2012 in Kreisverband

Frauen sind in hinsichtlich ihres Einkommens und infolgedessen auch als Rentnerinnen nach wie vor benachteiligt.

Einer Einladung der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) des SPD-Kreisverbandes Ludwigsburg folgend beleuchtete Ruth Weckenmann, Leiterin des Stabs „Chancengleichheit am Arbeitsmarkt“ bei der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit, in einem informativen Vortrag die Situation der Frauen auf dem aktuellen bundesdeutschen Arbeitsmarkt auf der Grundlage und am Beispiel statistischer Erhebungen aus Baden-Württemberg.

Dass Frauen in unserem Staat, obwohl sie in ihrer Gesamtheit durchschnittlich besser ausgebildet sind, 23% weniger verdienen als Männer (im Jahre 2010 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes durchschnittlich 625 € brutto), ist mittlerweile eine bekannte, wenn auch nicht allgemein anerkannte und in ihrer Tragweite gewürdigte Tatsache. Die Ursachen hierfür sind vielfältig: Erstens wird in den sogenannten typischen Frauenberufen (meist Dienstleistungsgewerbe) grundsätzlich weniger verdient als in typischen Männerberufen (naturwissenschaftlich-technischer Bereich). Männer, die in frauentypischen Berufen arbeiten, verdienen im Übrigen mehr als ihre Kolleginnen! Zweitens kehren Frauen nach einer mehr oder weniger langen Erziehungszeit, die sie trotz der mittlerweile erfolgreichen „Vätermonate“ in den meisten Fällen allein bestreiten, zumeist in Teilzeit ins Berufsleben zurück: Ca. 75 % der teilzeitbeschäftigten Frauen im Jahre 2009 hatten Kinder (Statistisches Landesamt Baden-Württemberg). Der Verzicht auf eine Vollzeittätigkeit geschieht nicht immer freiwillig, denn die Betreuungsmöglichkeiten für den Nachwuchs lassen nach wie vor deutlich zu wünschen übrig, so dass von einer echten Entscheidungsfreiheit zwischen der ausschließlich häuslichen oder zeitweise außerhäuslichen Kinderbetreuung, von der in letzter Zeit auf der politischen Bühne so viel gesprochen wird, nicht wirklich die Rede sein kann. Teilzeitbeschäftigung ist ein mehrheitlich weibliches Phänomen, denn kaum ein Vater macht wirklich ernst mit der gleichberechtigten Kindererziehung und Familienarbeit, die natürlich Auswirkungen auf sein berufliches Engagement und seine Karrierechancen hätte. Teilzeitarbeit bedeutet weniger Einkommen und damit auch einen geringeren gesetzlichen Rentenanspruch für Frauen. Und sie wird allgemein assoziiert mit einer Tätigkeit auf eher niedrigem oder allenfalls durchschnittlichem Gehalts- und Qualifikationsniveau, keinesfalls mit Führungspositionen. Dabei ist, so Ruth Weckenmann, laut einer McKinsey-Studie nahezu jeder Job teilzeitfähig! Die lukrativere vollzeitnahe Teilzeitarbeit als individuelle, auf die persönliche und berufliche Situation der Frauen und die speziellen Belange der Arbeitssituation zugeschnittene Alternative zur klassischen „Halbtagsarbeit“ am Vormittag birgt ein noch unterschätztes Potential im Sinne einer in jeder Hinsicht sinnvollen Flexibilität.
Erst recht prekär ist jedoch die Situation der nicht sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die auch mehrheitlich Frauen sind: Laut Bundesagentur für Arbeit sind 67,6 % der ausschließlich von sogenannten 400 €-Jobs lebenden Bundesbürger Frauen. Und keinesfalls ist eine geringfügige Beschäftigung die beabsichtigte tragfähige Brücke in eine existenzsichernde Teil- oder Vollzeitbeschäftigung, denn 88 % dieser Beschäftigten bleiben dauerhaft „Minijobber“ - ohne jeden Rentenanspruch.
Gesetzgeberische Maßnahmen wie Quotenregelungen können, so eines der Ergebnisse der engagierten Diskussion nach Ruth Weckenmanns Vortrag, eine gute Basis für konkrete Verbesserungen der Chancengleichheit am Arbeitsmarkt sein. Doch ohne einen gesamtgesellschaftlichen „Klimawandel“ in Sachen Gleichberechtigung und Gerechtigkeit in Arbeits- und Familienleben sind nachhaltige Erfolge nicht zu erwarten.

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